Served Content

Die Internationale Gastronautische Gesellschaft wird zum New/Now Festival in Amsterdam eingeladen. Das internationale Kunstfestival bietet europäischen Künstler*innen eine Plattform, ihre Arbeiten zu zeigen.
Für das Festival entwickeln wir den Abend "Served Content" weiter:

Kann man sagen, dass die Zutaten, der Inhalt und das Rezept die Formgebung darstellen, oder ist es umgekehrt? Wer ist das Medium: das Essen, oder der Gast? Und wie ist es mit der Performance? Wer performt für wen?

Der Tisch ist riesig, der Raum ist dunkel. Der Boden ist silbern wie in einem Raumschiff. Auf einer schwarzen, glatten Oberfläche liegen Besteck und Gläser auf dem Tisch: ein leeres Weinglas, ein leeres Wasserglas und ein kleines Schnapsglas. Das Schnapsglas leuchtet gelb und fluoreszierend im UV-Licht: Es enthalte pures Glück, verkünden die Gastronauten. 20 Gäste nehmen an der Tafel Platz. Eine Suppe wird aufgetragen. Sie sei die Kindheit, wird erklärt. Der Gast ist aufgefordert, das Glück in die Kindheit zu leeren. Mit Bedacht! Zu viel Glück auf einmal kann bitter sein. Wunderbare Lichtspiele mäandrieren nun durch die Suppenteller. Je mehr von der fluoreszierenden Flüssigkeit, desto schöner das Schauspiel – und desto bitterer die Suppe. Wer alles nimmt, kann die Suppe nicht mehr essen.

 

Die Suppe wird abgetragen. Das Besteck wird entfernt. Der schwarze Tischbelag wird abgezogen, wie die Haut eines Reptils. Der Tisch wird weiss, der Raum hell. Auf dem weissen Baumwolltuch liegen runde Scheiben aus Pappe mit Löchern. Darauf wird jedem eine Handvoll Salat gelegt. Sauce wird darüber geleert: rote, grüne oder graue. Das weisse Tischtuch wird bunt. Zurück bleiben jedem Gast sein Farbfleck-Gemälde aus Punkten von der Schablone und farbige Finger.

Es kommt ein langes, weisses Brett. Die Hühnerbeine darauf dampfen, Veggieburger, Gratins und Paprikaschoten sind heiss. Das Brett ist zwar riesig, aber dennoch fast zu klein für all das Essen. Die Gäste langen zu und stellen fest: Sie müssen teilen, denn es gibt nicht für alle alles. Hühnerbeine werden getauscht, Gratins verschoben. Teller gibt es wieder keine. Die Flecken werden grösser: Aus den Paprikas tritt beim Aufschneiden farbiger Saft.

Das Tischtuch wird entfernt. Die Knochen verschwinden. Die Flecken werden zu einem einzigen grossen Farbspektakel vereint. Unter dem Tischtuch kommt glänzend ein See aus Farben zum Vorschein. Eine weiche, leuchtende Gelatine-Fläche ruht auf dem Tisch. Darin vergraben liegen Töpfchen, gefüllt mit süssen Saucen und Löffeln. Ein weisser Mandelpudding wird serviert.

Das Essen wird zum Ausdruck, wird zum Spiel. Der Gast, sein Löffel, der Tisch, die Speisen werden zu einem gelösten Ganzen. Farbige Gelatinebrocken werden durch die Luft geworfen und Glibber-Türme fallen um. Der Gast ist der Tisch, ist das Essen, ist das Spiel, ist selber sein Lebensmittel.